19.12.2019

Stephan Saurbier wechselte die S(ch)icht

Am 24.10.2019 fand der „Schichtwechsel“ oder auch „Sichtwechsel“, eine bundesweite Initiative der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V., statt, an der ebenfalls die Düsseldorfer Werkstatt für angepasste Arbeit zum wiederholten Mal teilnimmt.

Die Idee ist die Folgende: Für einen Tag tauschen Führungskräfte aus Unternehmen mit Mitarbeitern der Werkstätten ihren Job. Für die Schulz & Sohn GmbH übernahm ich, Stephan Saurbier, diesen Tausch.

Am 24.10.2019 machte ich mich auf den Weg, um pünktlich zum Arbeitsbeginn um 7.30 Uhr in der Niederlassung Theodorstraße meinen Dienst anzutreten.
Nach einem freundlichen Empfang durch die Mitarbeiter und eine Sicherheitsunterweisung wurde ich meinem „neuen“ Kollegen Herrn Kai Balder vorgestellt. Gemeinsam sollten wir den Tag in der Abteilung Konfektionierung und Verpackung verbringen. Kai Balder ist Teil des Teams „Lager“ innerhalb der Werkstatt. Zu seinen Aufgaben gehört neben der Tätigkeit, Warenein- und -ausgänge zu organisieren, auch die Materialversorgung der einzelnen Produktionslinien. Die Auslieferung der Materialien an die Produktionslinien erfolgt nach Bestellung per Mail und durch anschließende Buchung im Warenwirtschaftssystem an die jeweiligen Abteilungen. Diese Arbeitsschritte werden von den Mitarbeitern in Eigenverantwortung erledigt.

Weitere Aufgaben der Lagerabteilung bestehen aus einer Reihe an täglichen Servicedienstleistungen innerhalb der Werkstatt, welche anhand von Tagesprotokollen von den Mitarbeitern ebenfalls selbstständig ausgeführt werden. Wegen recht geringer Auftragslage innerhalb der Werkstatt zum Zeitpunkt meines Besuches hatte die gesamte Abteilung lediglich ein überschaubares Maß an Lagertätigkeiten zu erledigen. Solche Zeiten geringerer Arbeitsbelastung wird von den Teammitgliedern durch Zusammenarbeit mit der Produktion überbrückt. In meinem Falle handelte es sich um die Montage von Zigarettenblättchen und Filtern.

Zu den Sonderaufgaben an diesem Tag gehörten große und kleine Servicerunden: Müll im Bereich der Sanitärräume wurde gesammelt. Der Sammelbehälter für Windeln im heilpädagogischen Bereich und der Büroarbeitsplätze wurde geleert. Weiterhin prüften wir die im Betrieb befindlichen Wasserspender auf Sauberkeit, den Füllstand der Seifenspender und die Toiletten auf den Vorrat von Toilettenpapier.
Die Ladestationen der Stapler wurden kontrolliert und nach Bedarf das Lager gekehrt. Auf Rundgängen wurden Fluchtwege und Fluchttüren auf Funktionsfähigkeit getestet. Am Nachmittag wurde die Tagespost im gesamten Bereich der WfaA eingesammelt und an die Poststation übergeben.

Der Arbeitstag endete mit einem gemeinsamen Gespräch über den Tagesverlauf um 16.00h.
Ich wurde gefragt, ob es aus meiner Sicht Unterschiede zwischen der Arbeit bei Schulz und Sohn GmbH und der Arbeit in den Werkstätten gäbe.
Die Antwort fiel mir leicht: Es gibt keine signifikanten Unterschiede. Nachhaltig im Kopf blieben mir zwei Dinge:

1. Eine Besonderheit in der WfaA ist die Akzeptanz und der Respekt, Andersartigkeit unter den Mitarbeitern ist hier Normalität.
2. Mitarbeiter werden gemäß Ihrer Fähigkeiten eingesetzt und tragen ihren Teil zur Gesamtleistung bei.

Am 14.11. erfolgte der Gegenbesuch von Herrn Balder bei uns. Wir verbrachten den Tag gemeinsam – zuerst mit einem ausgiebigen Rundgang durch den gesamten Betrieb und anschließend in den Abteilungen Flüssigabfüllung, Tablettenpressung und in unserer integrierten Werkstattgruppe. Hier zeigte sich das Talent Herrn Balders, notwendige Arbeitsabläufe sofort zu erkennen und seine schnelle Auffassungsgabe, technische Details zu durchschauen. Ohne besondere Aufforderung war er in der Lage, die richtigen Handgriffe auszuführen.

Fazit:
Durch meinem Besuch in der Werkstatt für angepasste Arbeit wurde mir klar: Wenn Menschen, egal ob mit oder ohne Handicap, gemäß ihrer Fähigkeiten ins Berufsleben integriert werden, sind sie leistungsstark. Das sollte das Ziel im Arbeitsleben in jedwedem Bereich und jedweder Branche sein!
Durch diese Sichtweise wird der Arbeitsdruck verringert und die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigt.